Warum auch KMU die Ökosystemperspektive brauchen

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Viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) erkennen und nutzen noch nicht vollständig die mit der Digitalisierung einhergehenden Chancen für die digitale Transformation des Unternehmens[1], obwohl diese viele Möglichkeiten für die Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen, Services und Prozessen bietet. Mit der Digitalisierung verändern sich auch Rahmenbedingungen im Markt und Kundenanforderungen, was zu neuen Herausforderungen für Unternehmen führt[2]. Zu diesen Herausforderungen gehören z.B. technologische oder kulturelle Herausforderungen, aber auch sich verändernde organisatorische Rahmenbedingungen oder die branchenübergreifende Vernetzung. Eine Möglichkeit, auf diese Herausforderungen zu reagieren stellt die engere Zusammenarbeit mit Partnern und eine stärkere Integration in (Geschäfts-)Ökosysteme[3] dar.

Geschäftsökosysteme bestehen aus verschiedenen (heterogenen) Unternehmen, die miteinander interagieren[4]. Anders als bei einer Lieferketten-Perspektive, welche interne Aktivitäten von Unternehmen betrachtet, werden Ökosysteme aus einer Makro-Perspektive betrachtet. Diese fokussiert u.a. externe Akteure, die zur Wertschöpfung des fokalen Unternehmens beitragen[5].

Bekannte Ökosysteme sind beispielweise im Technologiesektor zu finden mit Akteuren wie Apple, Microsoft, Google, Meta und Amazon, welche es geschafft haben eigene sehr erfolgreiche Ökosysteme mit ihnen als zentraler Akteur zu schaffen. Die Ökosystemperspektive ist jedoch nicht nur für solche großen und in den jeweiligen Ökosystemen zentralen Unternehmen von Relevanz. Auch KMU profitieren davon das Ökosystem insgesamt zu betrachten und können mit der Ökosystemperspektive das eigene Unternehmen weiterentwickeln und zukunftssicher gestalten.

Warum ist die Ökosystemperspektive relevant?

Die durch die Digitalisierung angestoßenen Veränderungen betreffen nahezu alle Branchen und ihre Firmen. So finden sich digitale Technologien heute in vielen Produkten, Services und Prozessen von Unternehmen[6]. Diese allgegenwärtige Digitalisierung beeinflusst auch, wie Firmen mit ihrer Umwelt interagieren[7]. Die steigende Vernetzung zwischen heterogenen Firmen und die Bedeutung von digitalen Technologien für Produktinnovationen [8] führen unweigerlich zu komplexeren Beziehungen zwischen den Firmen[9]. Beispielsweise ermöglichen digitale Plattformen neue Produkte und Services, sowie Innovationen, die durch die Zusammenarbeit mehrerer Akteure entstehen. Damit wird die Ökosystemperspektive wertvoll für alle betroffenen Firmen, also nicht nur für Konzerne, sondern auch für viele KMU, die sich ebenfalls in einem Ökosystem bewegen. Als Folge der Nutzung von digitalen Technologien entstehen auch “verteilte Innovationen”[10], welche in Ökosystemen durch die Zusammenarbeit von verschiedenen Unternehmen ermöglicht werden. Unternehmen nutzen damit die Fähigkeiten anderer Unternehmen im Ökosystem, um die eigenen Produkte & Services zu vervollständigen[11], sie interagieren also, um sich weiterzuentwickeln und das Fortbestehen und Wachstum zu sichern[12]. Auch KMU sollten eine enge Bindung zu anderen Unternehmen im Ökosystem suchen, wenn diese Fähigkeiten haben, die für die Weiterentwicklung eigener Produkte & Services benötigt werden.

Welche Vorteile bietet die Ökosystemperspektive?

Die bisher übliche reine Betrachtung der Lieferketten ist nicht mehr ausreichend, da sich das Ökosystem über viele Lieferketten und Industrien erstreckt, wodurch sich Veränderungen auf alle Unternehmen im Ökosystem auswirken. Daher ist für Unternehmen die Konzentration auf interne Aktivitäten nicht ausreichend, auch der Blick auf das gesamte Ökosystem ist nötig[13]. Die damit einhergehende Orientierung am Ökosystem, in dem ein KMU eingebunden ist, ist entscheidend für den Erfolg und die Zukunftssicherung des Unternehmens und sollte auch die Ausrichtung des Geschäftsmodells an dem Ökosystem, in dem das Unternehmen sich bewegt beinhalten.

Die Ökosystemperspektive kann helfen Veränderungen frühzeitig zu erkennen, zu verstehen und auf diese zu reagieren. Sie bietet ebenso Chancen, weitere potenzielle Partner und damit einhergehende (strategische) Potenziale zu identifizieren. Vor allem die Digitalisierung vereinfacht dies enorm, da digitale Technologien Vernetzung und vereinfachten Zugang zu Informationen ermöglichen.

In etablierten Ökosystemen existieren üblicherweise zentrale Akteure, welche große Macht im Markt haben und es erschweren, neue zentrale Knotenpunkte zu etablieren. Diese Akteure fördern zwar das Wachstum neuer kleinerer Akteure, können ihre Macht aber auch zur Schaffung von Monopolen oder Oligopolen nutzen. Digitale Geschäftsökosysteme mit losen Verbindungen können KMU helfen diese Dominanz zu umgehen, da sie wesentlich einfacher eigene Netzwerke schaffen können[14]. Digitale Technologien vereinfachen die Etablierung eines digitalen Geschäftsökosystems deutlich, da Vernetzung und Kooperation mit anderen Akteuren durch Technologien wie digitale Plattformen wesentlich schneller und einfacher sind, als es bisher in etablierten Ökosystemen der Fall war. Das setzt aber voraus, dass Unternehmen auch tatsächlich die Ökosystemperspektive einnehmen, um entsprechende Chancen zu identifizieren und entsprechende Entwicklungen strategisch voranzutreiben.

Digitale Geschäftsökosysteme sind von Kooperation mit heterogenen Akteuren, die für das eigene Produkt oder Service benötigte Fähigkeiten haben, gekennzeichnet[15]. Um diese zu identifizieren, ist es nötig das gesamte Ökosystem und seine Akteure zu betrachten. Ökosysteme können dabei unterschiedlich betrachtet werden, entweder mit Blick auf ein zentrales Wertversprechen oder eine zentrale Firma[16]. Dies hilft das eigene, aber auch andere Ökosysteme zu verstehen und zu analysieren. Letztlich führen genau diese Betrachtung und Analyse dazu, wenn dies kontinuierlich geschieht, dass ein Unternehmen Veränderungen erkennt, versteht und auf diese reagiert und damit in der Lage ist, sich Vorteile gegenüber Wettbewerbern zu verschaffen. Das ist nicht nur für große Konzerne relevant, auch KMUs können sich so Vorteile verschaffen oder sogar neue Geschäftsmöglichkeiten mit weiteren Partnern oder sogar in anderen angrenzenden Ökosystemen identifizieren.

Fazit

Die Ökosystemperspektive ist also aus vielfältigen Gründen wertvoll für KMU. In sich ständig verändernden Ökosystemen ist es nötig, eine neue Perspektive einzunehmen. Nur in Lieferketten zu denken oder allgemeine Entwicklungen am Markt beobachten reicht nicht aus, um das eigene Unternehmen optimal im Ökosystem zu platzieren und dessen Zukunft zu sichern. Die Ökosystemperspektive ermöglicht eine Makrosicht auf wichtige strategische Partner, aber auch Wettbewerber, sowie weitere relevante Akteure und erlaubt damit die Identifizierung von Chancen, wie neue strategische Partner oder die Weiter-(Entwicklung) von Produkten und Services.. Diese wären womöglich ohne die Ökosystemperspektive verborgen geblieben.

Wenn Sie sich jetzt tiefer mit (digitalen) Geschäftsökosystemen befassen wollen empfehle ich Ihnen die verschiedenen weiteren Wissensbausteine zu erkunden!

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Referenzen und weiterführende Literatur

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Yoo, Youngjin, Richard J. Boland, Kalle Lyytinen, and Ann Majchrzak. “Organizing for Innovation in the Digitized World.” Organization Science 23, no. 5 (October 2012): 1398–1408. https://doi.org/10.1287/orsc.1120.0771.


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